Ingenieurgeologie und Felsmechanik

Forschung

Die Arbeitsgruppe ‚Ingenieurgeologie und Felsmechanik‘ der RUB legt ihren inhaltlichen Schwerpunkt auf die Felsmechanik. Die Felsmechanik beschreibt das mechanische Verhalten des kompetenten, d.h. festen Untergrundes. Der Arbeitsansatz umfasst die laborgestützte Charakterisierung des Gesteins- und Trennflächenverhaltens, die skalenübergreifende Modellierung sowie die numerisch gestützten Analyse des geomechanischen Systemverhaltens bei der Reservoirerschließung in den Bereichen Geothermie, Kohlenwasserstoffförderung und der nachbergbaulichen Sicherung und Nutzung.

Im Rahmen einer Literaturstudie zu bergbaulich relevanten Parametern der zur Endlagerung von hochradioaktiven Abfällen in der Bundesrepublik Deutschland in Frage kommenden Wirtsgesteine Steinsalz, Tongestein und kristallines Wirtsgestein wurde öffentlich zugängliche Literatur zu Parametern, die Spannungsfeld, Trennflächen und insbesondere Gesteine in der Bundesrepublik Deutschland betreffen, gesichtet und tabellarisch zusammengefasst. Die erhobenen Daten sollen die Grundlage für eine semigenerische Auslegung eines Endlagers für hochradioaktive Abfälle, aber auch für die parallel zu erfolgende Abschätzung des Volumenbedarfs für ein Endlager für schwach und mittelradioaktive Abfälle und für die Entwicklungen des Endlagersystems (insbesondere exogener Prozesse) bilden. Es konnten über 5.000 Einträge für Gesteinsparameter erhoben werden. Die publizierte Datenlage zu Spannungsfeld, Trennflächeninventar und Trennflächeneigenschaften ist allerdings wenig belastbar. Dagegen kann die Datenlage für die oben umrissenen Aufgaben bzgl. der Gesteinseigenschaften für viele Parameter insgesamt als ausreichend bezeichnet werden. Für weitere Arbeitsschritte ist eine lokationsbezogene Spannungs- und Trennflächenmodellierung zu empfehlen. Bericht und Datenbank sind im Rahmen einer Beauftragung durch die Bundesgesellschaft für Endlagerung mbH (BGE) entstanden.

Geretsried Bohrturm

Das Ziel des Forschungsvorhabens ZoKrateS ist der Nachweis der hydraulischen Wirksamkeit von Stützmitteln, die bislang nicht in der Tiefengeothermie eingesetzt wurden. In Kombination mit zonierter Säuerung sollen diese Stützmittel in natürliche Kluftzonen tiefliegender Karbonate eingetragen werden. Die Ergebnisse des Vorhabens können Entwicklung eines petrothermalen Standortes in Deutschland beitragen. In Bezug auf die Auswahl geeigneter Stützmittel ist insbesondere die Unbedenklichkeit des Einsatzes der Stützmittel aus Umweltgesichtspunkten von besonderer Bedeutung. 

Das Forschungsvorhaben ZoKrateS findet in Zusammenarbeit mit dem Leibniz-Institut für angewandte Geophysik (LIAG), Geothermie Neubrandenburg GmbH (GTN), G.E.O.S. Ingenieurgesellschaft mbH, Enex Power Germany statt und wird durch das Bundewirtschaftsministerium gefördert.

Blowout-Preventer auf der Bohranlage
Blowout-Preventer auf der Bohranlage

Teilvorhaben Analog Kartierung

Um das strukturelle Verständnis des Oberen Jura im Tiefen Untergrund im Raum München zu verbessern wird eine Kartierung auf der Fränkischen Alb durchgeführt. Dieses Teilprojekt analysiert die strukturelle Variation der Ablagerung, welche sich deutlich in Gesteinsfestigkeit, Trennflächenverteilung und Ausbildung des Großstrukturinventars unterscheidet.

Im Fokus steht die Variation des Trennflächen- und Störungssystems im Studiengebiet, sowie Möglichkeiten zur Anpassung der Datenaufnahme an regionale Gegebenheiten (z.B. Karst Problematik).  Hierfür werden verschiedene Aufschlüsse im Untersuchungsgebiet geologisch-strukturell charakterisiert und mit klassischen Geländemethoden bearbeitet (z.B. Scanline, Schmidt-Hammer). Im weiteren Verlauf des Projektes sollen die Ergebnisse der Aufschlussstudie mit den Reservoirdaten (Seismik, Bohrlochmessmethoden) des Oberen Jura aus dem Raum München gekoppelt werden um ein möglichst umfassendes Reservoirmodell zu erhalten.

Verwendete Stützmittel (30-fache Vergrößerung)
Verwendete Stützmittel (30-fache Vergrößerung)

Teilvorhaben Materialtests

Für das Forschungsprojekt ZoKrateS werden zunächst im Felslabor der RUB Gesteinsproben geomechanisch charakterisiert, sodass ein mechanisches Untergrundmodell (mechanical earth model) erstellt werden kann. Ferner erfolgen Laborversuche an Gesteins-Stützmittel-Proben zur Bestimmung geeigneter Stützmittelkonfigurationen für die operativen Arbeiten an der Bohrung. Weitere Experimente sollen zeigen, ob:

a)    die Stützmittel in der Lage sind, den in-situ-Spannungen im geologischen Zielhorizont standzuhalten?

b)    die Stützmittel in der Lage sind, Trennflächen offen zu halten, oder ob die Stützmittel über ein tolerierbares Maß hinaus in die karbonatische Formation gedrückt werden?

c)    aufgrund der Trennflächenoberflächenschädigung durch Eindrücken der Stützmittel Gesteinsfragmente mobilisiert werden, die den bestehenden Riss zusetzen könnten?
Als Analogmaterial für den geologischen Zielhorizont dient ein dickbankiger und zum Teil verkarsteter Kalkstein des oberen Juras, der im Steinbruch Pappenheim in der fränkischen Alb an der Erdoberfläche aufgeschlossen ist. 

Blick auf den Bohrturm
Blick auf den Bohrturm in Geretsried bei München

In der modernen Felsmechanik ist die numerische Simulation entscheidend, um das Verhalten des Untergrunds vorherzusagen und zu verstehen. Verschiedene numerische Ansätze werden für verschiedene Eigenschaften des Gesteinsverhaltens verwendet. Sowohl die Simulationsaufgaben als auch die numerischen Codes werden immer komplexer und zeigen oft beeindruckende Erfolge bei der Reproduktion von experimentellen oder Feld-Daten. Die Anpassung von Materialparametern und konstitutiven Gesetzen in den numerischen Modellen ist unerlässlich, um die physikalischen Daten korrekt wiederzugeben. Allerdings wird die Gültigkeit der physikalischen Grundlage für realistisch erscheinende Vorhersagen zumindest in Frage gestellt, wenn umfangreiche Anpassungen an physikalischen Problemen und/oder Codes erforderlich sind.

Es besteht ein deutlicher Bedarf an einem objektiven Verfahren, um zu überprüfen, ob die Codes in der Lage sind, scheinbar einfache reale physikalische Prozesse abzubilden und vorherzusagen. Basierend auf diesem Bedarf entwickeln wir einen qualitativ hochwertigen Labordatensatz, der sich für das Benchmarking einer breiten Palette numerischer Codes eignet. Zudem leiten wir ein Benchmarking-Verfahren ab, das zur Validierung numerischer Codes für die Vorhersage des Verhaltens von Gesteinsmassen verwendet werden kann, insbesondere im Zusammenhang mit der Entsorgung radioaktiver Abfälle.