Januar 2022

Erfolgreicher Feldversuch zum Hot-Dry-Rock-Verfahren

Geretsried Bohrturm

Erfolgreicher Feldversuch zum Hot-Dry-Rock-Verfahren: Forschungsprojekt unter der Leitung der Ruhr Universität Bochum macht Energie heißer Gesteinsschichten durch hydraulische Stimulation zugänglich 

Arbeitsgruppe Ingenieurgeologie und Felsmechanik, Tobias Backers

 

In der Region München wird seit vielen Jahren erfolgreich geothermisch Energie gewonnen. Hierbei wird üblicherweise auf sogenannte hydrothermale, d.h. natürliche Thermalwasser-Lagerstätten im tiefen Untergrund zurückgegriffen, aus denen das heiße Wasser leicht einer Bohrung zufließt. Vielfach ist jedoch im tiefen Untergrund das Gebirge wenig durchlässig und das heiße Thermalwasser kann der Bohrung nicht zuströmen. In solchen petrothermalen Lagerstätten können durch eine gezielte Stimulation die existenten, aber wenig durchlässigen Klüfte für das Thermalwasser durchlässig gemacht werden. In den Demonstrationsprojekt ‚ZoKrateS‘ unter Leitung der Arbeitsgruppe ‚Ingenieurgeologie und Felsmechanik’, wurde nun erstmals südlich Münchens in einer vorhandenen Bohrung gezeigt, dass das Gebirge durch das Verfahren für die Geothermie in dem typischen Lagerstättengestein technisch durchführbar ist und und das Potenzial hat, bisher nicht nutzbare Lagerstätten zu erschließen.

Das Forschungsvorhaben ‚ZoKrateS‘ hat das Ziel den Standort Geretsried in Bayern für die Geothermie zu erschließen. An dem Pilotprojekt ist eine Reihe von erfahrenen Institutionen und Firmen beteiligt. Neben den Forschungseinrichtungen Leibniz-Institut für Angewandte Geowissenschaften (LIAG) und der Ruhr Universität Bochum (RUB) sind dies die Enex Geothermieprojekt Geretsried Nord als Eigentümer des Feldes und der Bohrung, die G.E.O.S. Ingenieurgesellschaft sowie die Geothermie Neubrandenburg. Die operativen Arbeiten wurden im Auftrag der RUB durch Daldrup & Söhne, Schlumberger und Kemco durchgeführt.

Der Standort Geretsried verfügt über heißes Gebirge von etwa 160°C bei etwa 4,5 km Tiefe, allerdings sind die vorhandene Klüfte überwiegend geschlossen. Daher ist der Standort für die hydrothermale Geothermie nicht geeignet, zeigt allerdings aufgrund der geologischen Gegebenheiten ein deutliches Potential für eine petrothermale Nutzung.

Die Bohrung GEN-1ST-A1 wurde bereits 2017 erstellt. Ziel waren die heißen Wässer in den Kalksteinschichten des Malm, welche am Standort Geretsried in 4,4 bis 4,8 Kilometern Tiefe liegen. Von Juli bis Oktober 2021 wurde im Rahmen des durch das BMWi geförderte Projektes ‚ZoKrateS‘ erstmalig in Deutschland eine hydraulische Stimulation an einer tiefen Geothermiebohrung in den Kalkgesteinen des Malm durchgeführt. Hierbei wurden in mehreren Zonen spezielle Keramikkügelchen, sog. Stützmittel,  tief in das bestehende Kluftnetzwerk in der Nähe einer Störungszone eingebracht. Die natürlichen Fließwege zur Bohrung wurden auf diese Weise geweitet und für eine Thermalwasserzirkulation durch die Stützmittel geöffnet.

Die technische Umsetzung des Projektes beinhaltete umfangreiche Vorarbeiten wie z.B. die Vermessung der Bohrung und den Einbau eines speziellen Ausbaus im Malmabschnitt der bestehenden Bohrung. Die Herausforderungen lagen unter Anderem in der Adaption des in der Kohlenwasserstoffindustrie entwickelten Verfahrens an die großen Tiefen der Lagerstätte und hohen Temperaturen von bis zu 163 °C. Bei der Planung und Umsetzung des Projektes war daher interdisziplinäre Expertise aus Wissenschaft und Industrie gefordert.

Die Auswertung der Injektionsversuche dauert derzeit an. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass durch das Verfahren eine signifikante Erhöhung der Gebirgsdurchlässigkeit erreicht werden konnte. Die Injektion und das Einspülen der Stützmittel konnte bei sehr niedrigen Drücken realisiert werden, welche nur geringfügig über den in der Lagerstätte herrschenden Wasserdrücken lag; das Überschreiten der wirkenden Gebirgsauflast war nicht notwenig, um die Keramikkügelchen in die Klüfte zu transportieren, damit diese offen bleiben können.

Sollten sich die Ergebnisse bestätigen, würde dies die Möglichkeit einer petrothermalen Nutzung am Standort Geretsried eröffnen. Um die im heißen, dichten Gebirge gespeicherte Energie nutzbar zu machen, würde mittels des getesteten Verfahrens ein großer Wärmetäuscher zwischen zwei Bohrlöchern geschaffen. Dazu wird Wasser durch eine Bohrung in das Gebirge eingepresst, fließt durch die miteinander verbundenen und durch die Stützmittel geöffneten Klüfte zur zweiten Bohrung und wird dabei erwärmt. Das heiße Wasser würde dann in einem Kraftwerk genutzt und nach Abkühlung wieder in die erste Bohrung eingeleitet; somit würde eine geschlossener Kreislauf ermöglicht, über den geothermische Energie erzeugt wird.

Dem Projektteam ist es mit der hydraulischen Stimulation der Bohrung Geretsried gelungen den Eintrag von Stützmitteln als technische Grundvoraussetzung für eine zukünftige petrothermale Nutzung erfolgreich zu demonstrieren. Darüber hinaus wurden wichtige Erfahrungen im Umgang mit dieser Technologie gesammelt, um eine Übertragbarkeit auf andere Standorte in Deutschland realisieren zu können. Das erfolgreiche Projekt stellt einen wichtigen Meilenstein für die Geothermie in Deutschland dar.

 

Kurzinformationen

Titel Zonierte Reservoirbehandlung an natürlichen Kluftzonen in tiefliegenden Karbonaten zur Entwicklung eines petrothermalen Standortes in Deutschland

Ziel Demonstration der hydraulischen Wirksamkeit von in existente Trennflächen in Karbonaten des Males eingebrachte Stützmittel zum Anschluss einer Störungszone an eine geothermische Bohrung 

Förderung BMWi FKZ 03EE4010

Bewilligungszeitraum 01.01.2020 - 30.09.2022

Projektvolumen 10 Mio €

Partner Enex Power Germany GmbH

LIAG Leibnitz Institut für Angewandte Geophysik

Geothermie Neubrandenburg GmbH

G.E.O.S. Ingenieurgesellschaft mbH

Ruhr Universität Bochum, AG ‚Ingenieurgeologie und Felsmechanik‘



 

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